von Sina Ahlers
mind. 2 D
UA: 06.12.2024, Staatstheater, Kassel
Auf dem Stahlträger einer Bahnhofshalle gurrt eine einbeinige Taube und macht sich ihre Gedanken. In ihrem Sichtfeld sitzen, weit voneinander entfernt, zwei Frauen, die offensichtlich auf etwas warten. Aufeinander? Dem ersten Anschein nach haben die beiden nichts gemeinsam, kommen aus unterschiedlichen Welten, doch die Taube hat so eine Ahnung. Sie schwingt sich hinab und landet zu Füßen von Zartie, die tatsächlich ein Geheimnis in sich trägt – Zarties Uterus ist Teil eines Geschäfts und der Embryo die Ware. Ein Vertrag wurde zwischen den beiden Frauen geschlossen. Doch was geschieht, wenn die Natur sich nicht an die Klauseln hält?
Das Tabuthema der Leihmutterschaft dient Sina Ahlers als Anlass, um mit Erwartungshaltungen an den weiblichen Körper abzurechnen und Bilanz zu ziehen: Sind die Herausforderungen von Schwangerschaft und Mutterschaft in Zahlen aufzuwiegen? Ebenso radikal wie humorvoll nennt Milch & Schuld das Kind beim Namen und fragt zugleich, was eine Mutter zur Mutter macht.
"Milch & Schuld spricht an, was hinter verschlossenen Türen verarbeitet wird, wofür es wenig Öffentlichkeit gibt. Das ist es, was den Text so stark macht und genau richtig fürs Theater. (…) Endlich, denn es geht um nichts Geringeres als Verwundbarkeit, Liebe und die gemeinsame Überwindung von Tabus."
Laura Kohlmaier, Patricia Nickel-Dönicke, Theater heute Jahrbuch