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was innen geht

von Anja Hilling
Ein Stück für Jugendliche

2-8 Darsteller:innen

UA: 02.03.2016, Theater Praesent, Innsbruck

Ovid ist vierzehn Jahre alt, hat eine Katze, drei Jeans und keine Chance. Er hat keine Brüder, keine Freunde und seit der Grundschule kein Auge mehr zugemacht. Nach der Schule gibt es kein Zuhause, nur ein Loch im vierzehnten Stock. Ovid lebt mit seiner Mutter in der Einzimmerwohnung eines Neubaus, hinter den Möbeln Schimmel, im Polster der Geruch von Schweiß, Fisch und Trockenfutter. Keiner hat seine Haare gekämmt, keiner seine Geburtstage gefeiert.

Ovids Haare sind schwarz und ölig wie das Schwarze Meer, wo sein Erzeuger herkommt, ein Erzeuger, der der Mutter den gemeinsamen Absturz prophezeite und es bei einer einzigen Nacht beließ. Die Mutter ist alleine abgestürzt und dem Heroin verfallen. Sie schläft mit dem Mann vom Jugendamt, der nach dem Rechten sieht, sie bemerkt nicht, dass ihr Sohn zerlegt wird, zerfällt und verschwindet.

Ovids Mitschüler jagen ihn, sie erpressen und missbrauchen ihn. Sie sehen Ovid an, als wäre er ein Tier. Ovids Fluchtort ist der Wald in seinem Hirn, seine Rettung sind die Metamorphosen. Er verwandelt die Haut, in der er leben muss, ändert seine Gestalt, sein Wesen, seine Macht, wird zu Vögeln, Bäumen, Blumen, Licht und Wasser. Aus Kälte, Grausamkeit und Mangel an Menschlichem in seinem Leben entwirft er, reich an Dynamik, eine organische Innenwelt, in der es sich aushalten lässt, und knallt doch im unabwendbaren Takt seines Lebens gegen die stoische Ignoranz der Mutter und die Peinigung durch die Mitschüler. Die Verwandlungen erlösen ihn, ohne ihn zu befreien, und obwohl die Welt ihm ins Gesicht spuckt, wütet eine Liebe in ihm, die am Ende explodiert und die Welt selbst verwandelt.

Mit präziser Sprachgewalt bindet Anja Hilling den Zuschauer an das Leben des Jungen. Einem Herzschrittmacher gleich zeichnet die Figurensprache seinen Alltag auf, diktiert und protokolliert gleichermaßen seinen Gedankenstrom. Mit was innen geht thematisiert die Autorin den unwiderruflichen Zusammenhang von Fremdzuschreibungen und Selbstverständnis eines jungen Menschen, der im Spannungsverhältnis zwischen Lebensrealität und Wunschdenken mit aller Kraft nach dem ihm zustehenden Glück sucht. Das Stück wurde 2013 mit dem Niederländisch-Deutschen Kinder- und Jugenddramatikerpreis Kaas & Kappes ausgezeichnet und für den Deutschen Jugendtheaterpreis 2014 nominiert.