von Anja Hilling
Ein Stück in fünf Akten
4D, 1H, eine weibliche Stimme
UA: 27.09.2005, Bühnen der Stadt Köln, Köln
Bruno schreibt Dialoge für eine Fernsehserie, "Tränenheim",
seit vier Jahren, mit Erfolg, aber ohne
Leidenschaft. So ist fast alles in seinem Leben – seine
Ehe mit Paula läuft schon lange auf Sparflamme,
aber die Affäre mit seiner Assistentin Sybille ist
auch nur sowas wie die Ahnung von der großen Liebe.
Seinem Chef vom Produktionsbüro würde er
gern mal so richtig die Meinung sagen, traut sich
aber nicht, und von den Träumen seines achtjährigen
Sohnes Zippo hat er auch nur einen blassen
Schimmer.
Zu Hause sitzt Paula, seine Frau, während er mit
Sybille auf dem Rummel Bären schießt. Paula wartet
auf Zippo, vor seinem unberührten Käsebrot. Sie
weiß, dass er eigentlich viel lieber Brezeln isst und
dafür auch schon mal an ihr Kleingeld geht. Sie
weiß, er denkt, sie merkt es nicht. Wie Bruno. Aber
heute ist es anders, heute ist sie unruhig, vielleicht
liegt es auch an den seltsamen Nachrichten aus
dem Radio. Wenn du dir Brezeln kaufst, kannst du
was erleben, das waren ihre letzten Worte. Als wär
das ein Verbrechen, wenn man Brezeln mag.
Melanie und Coco sind ein Paar, sogar ein ganz glückliches,
bis Cocos drängender Kinderwunsch die Beziehung
zerstört. Als Melanie in ihrem Audi dem
werdenden Mutterglück entflieht, überfährt sie aus
Versehen ein Kind – Zippo, mit einer Tüte Brezeln
in der Hand. Schicksal?
Das Leben kann so schön sein wie im Film, aber die
Realität ist oft trauriger als jede Fernsehserie. Mit
Verlust und Trauer kann man lernen umzugehen,
oder auch nicht. Für den einen hängt das Glück an
einem Schlüssel, der andere sucht danach im Regenwald,
ein anderer findet einen Neuanfang in sieben
falsch adressierten Kisten.
Anja Hillings Stück ist vielschichtig, traurig und poetisch,
und dabei immer auch ein bisschen heiter.