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Zwölfte Nacht oder Was ihr wollt

(Twelfth Night, Or What You Will)
von William Shakespeare, Erich Fried

Deutsch von Erich Fried
3D, 11H, Nebendarsteller

Erster Akt, erste Szene

HERZOG
Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist,
Spielt weiter! Mehr und mehr! daß übersättigt
Mein Appetit erkranke und dran sterbe.
D i e Weise nochmals! - hört, wie sie dahinstirbt:
Ah, die ergriff mein Ohr wie süßer Südwind,
Der haucht auf einen Abhang voller Veilchen
Und Düfte stiehlt und gibt. - Genug! nicht mehr!
Es ist nicht länger so süß wie vorher.
O rascher, launischer Geist der Liebe! nichts
- Wenn du auch wie der Ozean alles aufnimmst -
Strömt ein in dich, das nicht schon nach Minuten
Gleichviel, wie stark und hoch es war, im Wert
Zu niedrem Preis fällt; so voll Eigensinn
Ist Liebe, daß nur sie zum Sinn sich eignet.

CURIO
Geht ihr nicht jagen, Herr?

HERZOG
Was, Curio?

CURIO
Den Hirsch.

HERZOG
Ach, ja; ein edles Wild. Mir liegts am Herzen:
Als ich zuerst Olivia sah, da wars mir,
Als heile sie die Luft von jedem Gifthauch;
Und ich war augenblicks zum Hirsch verwandelt,
Und grausam reißenden Hunden gleich verfolgen
Meine Begierden mich seither.

(...)