Bild von Franz LehárLehár, Franz
Franz Lehár mit Mizzi Günther und Louis Treumann, den Protagonisten der "Witwe"-Uraufführung 1905 

Franz Lehár wurde am 30. April 1870 in Komorn (Ungarn) geboren. Sein Vater war Militärkapellmeister, seine Mutter deutschen Ursprungs. Die musikalische Begabung trat früh hervor und mit sechs Jahren begann Lehár zu komponieren. 1882 kam er auf das Prager Konservatorium, wo er mit Dvorák bekannt wurde, der ihn durch seine Anerkennung förderte. Auch Johannes Brahms äußerte sich wohlwollend über Lehárs erste Arbeiten. 1888 wurde er Kapellmeister am Stadttheater Elberfeld-Barmen, trat aber dann in die Fußstapfen seines Vaters und wurde Militärkapellmeister. Mit kleineren Kompositionen weckte er schon früh das Interesse der Fachwelt.

1896 wurde in Leipzig seine Oper "Kukuschka" erfolgreich aufgeführt. In Wien begann er die zuerst mühsame Suche nach einem guten Operettenbuch, die schließlich mit dem Auftrag zur Vertonung von zwei Libretti gekrönt wurde, nämlich "Der Rastelbinder" und "Wiener Frauen" (UA im November 1902 im Theater an der Wien). 1905 kam nach anfänglich schlechten Prognosen "Die lustige Witwe" im Theater an der Wien heraus und wurde ein Welterfolg. Mit großem Schaffenseifer ließ Lehár anschließend Werk auf Werk folgen: "Das Fürstenkind" (1909) und "Der Graf von Luxemburg" (1909) wurden wieder Welterfolge. Dann schuf er "Eva" (1911), "Die ideale Gattin" (1912), eine Neufassung des "Göttergatten, endlich allein" (1914), "Der Sterngucker" (1916), "Wo die Lerche singt" (1918), "Die blaue Mazur".

Mit dem Jahre 1925 leitete Lehár eine neue Schaffensperiode ein. Der damals uraufgeführte "Paganini" war wieder ein Spitzenwerk, ebenso die Operette "Der Zarewitsch", die 1927 in Berlin uraufgeführt wurde, wohin sich nun für einige Zeit das Wirken Lehárs hauptsächlich verlegte. Einen Erfolg, der "Lustigen Witwe" nahekommend, errang das zarte Singspiel "Friederike" 1928 mit einer schlichten, volkstümlichen Musik im Geiste Schuberts. Lehárs Neigung, Werke mit geringer Wirkung umzuarbeiten, veranlasste ihn zu einer Neufassung der "Gelben Jacke". So entstand 1929 "Das Land des Lächelns". 1922 wurde "Frasquita" uraufgeführt, 1934 die Premiere von GIUDITTA weltweit im Rundfunk übertragen. 1946 übersiedelte Lehár nach Zürich und beschäftigte sich mit einem großen historischen Stoff, einer Operette um den ungarischen Freiheitshelden Kossuth Lajos. Er konnte sie nicht mehr vollenden, denn kurz nach seiner Rückkehr nach Bad Ischl, wo er seit Jahrzehnten seinen Sommersitz hatte, starb Franz Lehár, von der ganzen Welt betrauert, am 24. Oktober 1948.

 

Das Fürstenkind

Operette in einem Vorspiel und zwei Akten
Buch von Victor Léon
Musik von Franz Lehár
4D, 11H
Orchesterbesetzung: Fl I, II, Ob I, II, Klar I, II, Fg I, II, Hr I, II, III, IV, Trp I, II, Pos I, II, III, Pk, Schl, Hrf, Cel, Vl I, II, Va, Vc, Kb; Bühnenmusik: Vl, Vc, Kl
UA: 07.10.1909, Johann Strauß-Theater Wien

Es hat fast vier Jahre gedauert, bis Franz Lehár nach der Premiere der lustigen Witwe an deren Sensationserfolg anschließen konnte. Erst im Oktober 1909 gelang es ihm mit Das Fürstenkind, erneut auf diesem hohen Niveau internationale Erfolge zu feiern. Wie schon bei Die lustige Witwe hat Victor Léon das Buch geschrieben und wie im bekannteren Erfolgsstück treffen auch im Fürstenkind zwei unterschiedliche Welten aufeinander. Doch kommt in der lustigen Witwe der Balkan in die städtische Welt, so ist es im Fürstenkind umgekehrt: Die mondäne Welt besucht in Form von Touristen die "Wildnis", in diesem Fall die Berge Griechenlands. So entstand eine romantische Operette mit charmanter Ironie, die mit ihrer Leichtigkeit nicht nur die Gesellschaft, sondern (schon damals) auch das Genre mit einem großen Augenzwinkern betrachtete. Auch musikalisch steht Das Fürstenkind mit seinem Melodienreichtum und einem ausgefeilten Orchesterklang der lustigen Witwe in nichts nach.

Prinzessin Photini ist ein griechisches Fürstenkind, das im fernen Paris nach den Regeln der mondänen Gesellschaft erzogen wurde. Sie weiß nicht, dass ihr Vater, der Fürst von Parmes, ein Doppelleben führt. In Wahrheit ist er der legendäre Räuberhauptmann Hadschi Stavros, der mit seiner Bande die Berge in der Umgebung von Athen unsicher macht. Photini hat sich in den amerikanischen Marineoffizier Bill Harris verliebt, der mit dem Polizeihauptmann Perikles wettet, Hadschi Stavros innerhalb von fünf Tagen zu fangen.

Stavros hat inzwischen von der Liebe seiner Tochter erfahren und lässt sie wissen, dass er ihrer Heirat zustimme, wenn Harris seine Wette gewinne. Gemeinsam mit einer Gruppe eigenwilliger englischer Touristen und einem skurrilen Botaniker macht sich Harris auf in die Berge. Die Touristen, für die der Räuberhauptmann eine im Baedeker erwähnte Attraktion ist, werden natürlich sofort von Stavros‘ Bande gefangen und sind sehr verwundert, dass der Räuberfürst sie nicht brutal, sondern nach allen Regeln der Höflichkeit und mit großer Galanterie empfängt. Auch Harris wird gefangen und trifft auf Stavros, der von dem jungen Offizier beeindruckt ist. Als die Bande bekannt gibt, dass sie auch Photini gefangen haben, muss Stavros bemüht sein, sein Inkognito zu wahren und lässt alle Gefangenen frei, wohl wissend, dass Photini einen guten Ehemann gefunden hat.

Da Bill Harris nicht ahnt, dass er im Grunde seinen "Schwiegersohn-Test" schon bestanden hat, lässt er nicht locker und will seine Wette gewinnen. Mit einer List lockt er Stavros auf sein Schiff und nimmt ihn gefangen. Im letzten Moment gelingt es dem Räuberfürst, seine doppelte Identität zu wahren, und Photini kann mit Bill Harris in ein glückliches Leben aufbrechen.

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