Bild von Klaus ChattenChatten, Klaus

Klaus Chatten wurde 1963 in Lennestadt/Nordrhein-Westfalen geboren. Nach seinem Studium der Romanistik, Germanistik und Sportwissenschaften an der Freien Universität Berlin besuchte er ab dem Jahr 1983 das Max-Reinhardt-Seminar in Wien.

Daraufhin folgte ein Ruf an das Actors und HB Studio in New York, wo er bei den Oscar- und Tony-Award-Gewinnern Mike Nichols, Sandy Dennis und Uta Hagen studierte.

Chatten ging an führende deutsche Schauspielhäuser (Schiller Theater, Maxim Gorki Theater, Deutsches Theater Berlin). Er arbeitete mit dem russischen Regisseur Anatolij Wassiljew und in mehreren Produktionen mit Alexander Lang zusammen. Zwischen 2004 und 2006 war er Ensemblemitglied am Gorki Theater. 2009 wurde er für seine Darstellung der Titelrolle in „Der Menschenfeind“ für den Inthega-Preis nominiert.

Gleichfalls ist Chatten Theaterregisseur, der im Jahr 1991 sein Debüt an der Freien Volksbühne Berlin mit der Produktion „Träume“ gab.

1993 begann er die Arbeit an eigenen dramatischen Texten. Seine zumeist tragikomischen Arbeiten kamen am Deutschen Theater Berlin und am Maxim Gorki Theater heraus und hatten an die sechzig Nachspielungen. Seine bisher bekanntesten Werke sind Unser Dorf soll schöner werden (Englische EA am Royal Exchange Theatre Manchester) und Sugar Dollies (UA am Gate Theatre London).

Er ist Preisträger des Alfred-Döblin-Preises, des Literarischen Colloquiums, des Literaturpreises des Berliner Senats und der Villa Aurora in Los Angeles.

Chatten verfasst Drehbücher für die Kinoleinwand und fürs Fernsehen. Mit seinem Film „Stille Nacht“, der mit den Darstellern Jürgen Vogel, Maria Schrader und Ingrid Caven mit großem Erfolg im Wettbewerb der Berlinale lief, gewann er den Alfred-Bauer-Preis. Am vermutlich bekanntesten ist er für seine Zusammenarbeit mit den Regisseuren Dani Levy und Wolfgang Becker („Good-bye, Lenin“).

Seit 2006 arbeitet Chatten als Schauspiellehrer und ist professioneller Trainer für Kino und Fernsehen. 2014 wurde einer seiner Studentinnen an der American Academy of Dramatic Arts in New York als Studentin für das Fach Schauspiel aufgenommen.

Ab 2008 hat er bis dato fünfzig Theaterstücke aus dem Englischen übertragen. Er ist der deutsche Übersetzer von Noel Coward.

Klaus Chatten wurde sowohl als Schauspieler als auch als Dramatiker mehrfach im Jahrbuch „Theater heute“ ausgezeichnet.

 

Sugar Dollies

5D
UA: 29.03.1996, The Gate Theatre London
DSE: 13.10.1996, Deutsches Theater Berlin

Sugar Dollies ist eine Komödie, die kurz nach der Wiedervereinigung im Jahr 1996 an einer Schnittstelle der deutschen Geschichte ansetzt. Der Autor beschreibt den Alltagsfaschismus in der Arbeiterklasse West und Ost und auf raffinierte Weise im bundesrepublikanischen Bürgertum, den er bei allen dreien als an den Wurzeln immer noch unaufgearbeitet diagnostiziert und der auf fatale Weise bis in unsere heutige Gegenwart nachwirkt. Chatten zeichnet ausgewogen eine Welt, in der sich die Sprache verändert hat, aber die Emotionen dahinter erschreckenderweise fast dieselben geblieben sind. Ihr gegenüber stellt er in der Figur der Rosy ein flirrend individualistisches Lebensprinzip, das in der von ihm beschriebenen Gesellschaft ins Aus gedrängt und letztendlich zerstört wird. Sugar Dollies ist vieles: in einer klassisch dichten Komödienkonstruktion einfach nur beste Unterhaltung voll sprühendem Wortwitz, berstender Situationskomik und berührenden Momenten mit fünf großen Rollen für fünf große Schauspielerinnen, ein unverwüstliches Boulevardstück oder aber auch Geschichtsstunde und Mahnung an die Jetztzeit, das durch seinen visionären Blick gerade auf aktuelle politische Ereignisse einen gewissen Grusel auslöst. Ein großer, dramatischer Wurf, der Fragen stellt, auf jeden Zeigefinger verzichtet und heute noch mehr als bei seiner deutschen Erstaufführung am Deutschen Theater in Berlin in der Beschreibung von zwischenmenschlicher Stagnation unser Land spielerisch leicht zum Nachdenken anregt.
In einem Interview über Sugar Dollies sagte Klaus Chatten: "Ich versuche, mit diesem Stück den Seelenfressern und Seelenfresserinnen in den Medien die Maske von ihrer politisch korrekten Fratze zu zerren. Letztendlich ist 'Sugar Dollies' meine komödiantische, deutsche Kammerspiel-Version von 'Matrix'."

"Poesie des Banalen. - Die Ereignisse und Erzählungen sind wirklich trashig: schrill und brutal, banal und grotesk, lächerlich und tragisch. Die Vorliebe des Autors für den Film "Pulp Fiction" wird deutlich. (…) Die brutale Banalität zeugt poetische Blüten. Aber das ist das Beste an dem Stück: Bei aller Lächerlichkeit wirken die Figuren nie bloß oberflächlich lustig, nie verrät Klaus Chatten sie, er nimmt sie ernst, liebt sie sogar heimlich ein bisschen. Sie sind prallvoll von Leben, von ursprünglicher Leidenschaft, von sehnsüchtiger Sinnlichkeit. (…) Ein ganz berührender Moment der Figur Peterchen ist, wie sie den 9. November 1989, den Tag der Maueröffnung, erlebt. Da verlässt das Stück seine Trash-Ebene, wird zutiefst theatralisch schön im konventionellen Sinn. (…) Dem Regisseur Cornelius Gohlke ist eine ausgezeichnete Mischung aus blutigem Trash, erschütternder Banalität und trauriger Komik gelungen." (Oberbayerisches Volksblatt)

"Gelacht wurde viel bei der Premiere am Sonnabend im Anklamer Theater. Aber da war wohl keiner im Publikum, den nicht immer wieder ein beklemmendes Gefühl daran erinnerte, dass in den Figuren sehr viel bittere Wahrheit steckt. [...] Unter der Regie von Birgit Lenz haben die fünf Schauspielerinnen ein starkes Stück Frauentheater hingelegt, das komisch, magisch und schrecklich zugleich und eins vor allem ist: absolut sehenswert. Das befand auch das Publikum und dankte mit viel Applaus." (Nordkurier)

"A series of Polaroids of a nation´s neurosis, SUGAR DOLLIES is as thrilling as it is puzzling. It´s world premiere brings the Gate´s Biennale of European writing to a confident close. Endlessly thought-provoking, SUGAR DOLLIES is the kind of play you´ll be talking about in the pub until gone closing time." (The Independent, London)

"This wildly satirical comedy bursts with ideas. Klaus Chatten´s mordant comedy anatomises Germany, contriving encounters between unlikely ensemble of participants whose rich range of psychological problems appear as symptoms of a national malaise. In his rambunctious drama , the author seems to question what is left to replace the vast negative vacuum in the national psyche after World War II. The play´s images stay in the head long after the performance ends. A play that deserves to be seen, enjoyed – and puzzled over." (What’s on, London)

"Eine grelle Groteske ist dieses Stück, ein Bühnenknaller. Ein brillanter Theaterabend." (Stuttgarter Zeitung)

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