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Meier, Herbert |
Herbert Meier wurde am 29. August 1928 in Solothurn geboren.
Schon während seiner Schulzeit begann er, Gedichte und kleine Stücke zu
verfassen. Er studierte Literaturwissenschaft, Geschichte, Philosophie
und Kunstgeschichte in Basel, Wien, Paris und Fribourg und schloss sein
Studium mit einer Dissertation über die Dramen Ernst Barlachs ab.
Danach absolvierte er eine Ausbildung als Schauspieler bei Ernst
Ginsberg. Er arbeitete als Lektor in Paris und Poitiers und war als
Dramaturg und Schauspieler am Städtebundtheater Biel/Solothurn tätig.
Von 1977 bis 1982 war er Chefdramaturg des Schauspielhauses in Zürich. An
den Universitäten St. Gallen und Zürich hielt er Vorlesungen über
Dramaturgie und wurde 1986 als "Writer in residence" an die University
of Southern California in Los Angeles berufen. Von 1994 bis 1998
moderierte er die Sendung "Sternstunde Philosophie" im Schweizer
Fernsehen. Seit 1955 lebte er als freier Schriftsteller und Übersetzer
in Zürich. Herbert Meier starb 2018 kurz nach seinem 90. Geburtstag.
Meier war ein Virtuose der Sprache. Seine Wortwahl war stets knapp,
präzise, niemals redundant, und dennoch von enormer Vielschichtigkeit.
Er hielt spielerisch die Balance zwischen einer poetischen, geprägten
Sprache und dem gesprochenen, "heutigen" Wort. Seine Figuren ließ er
zuweilen eigene Worte erfinden, die tiefe Einsicht in das menschliche
Gefühlsleben verraten. Häufig dienten ihm historische Stoffe und
Personen als Vorlage, bei denen es ihm aber niemals um die historisch
getreue Darstellung ging. Sie wurden quasi losgelöst von Zeit und Raum
auf das Parabelhafte, Exemplarische ihrer Existenz verdichtet. Die
Hauptpersonen seines dramatischen Werks sind Suchende, getrieben von
ihrer Sehnsucht nach erfülltem Leben, maßlos in ihrer Forderung nach
dem Absoluten: nach der bedingungslosen Liebe, nach der Freiheit zur
Selbstbestimmung. Hinter all dem wird ein tief verwurzelter Humanismus
spürbar, der diesen Suchenden, Verzweifelten selbst noch in ihrem
Scheitern recht gibt.
Die reiche Theatererfahrung Meiers und seine dramatische Intuition
machten ihn auch zu einem gefragten Übersetzer moderner wie klassischer
Stücke der Weltliteratur. Gemeinsam mit seiner Frau, der Romanistin Yvonne Meier-Haas, hat er Werke von William Shakespeare, Ben Jonson, Euripides, Molière, Carlo Goldoni, Racine, Pirandello, Paul Claudel, Jean Giraudoux, Jacques Audiberti, Georges Schéhadé und Federico García Lorca übersetzt. Zuletzt hatte seine Neuübersetzung von Paul Claudels Der seidene Schuh oder Das Schlimmste trifft nicht immer zu,
die ihre Erstaufführung im März 2003 am Basler Theater erlebte und
nachfolgend im Rahmen der Ruhrtriennale in Duisburg inszeniert wurde,
für großes Aufsehen gesorgt.
Herbert Meier erhielt u.a. 1955 den Literaturpreis der Freien
Hansestadt Bremen, 1957 den Kunstpreis des Lions Club Basel, den Preis
der Schweizerischen Schillerstiftung (1964), den
Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis (1964), den Welti-Preis für das Drama
(1970), den Solothurner Kunstpreis (1975), den Förderpreis der
Gottfried-Keller-Stiftung (1976) und den Schillerpreis der Zürcher
Kantonalbank (1997).
Weitere Informationen zu den Übersetzungen von Herbert Meier finden Sie in unserem Special: "Jedes Wort begriffen und durchdacht": Herbert Meier, Übersetzer
Sieben Szenen
6D, 11H, Nebendarsteller
UA: 1988, Bing Theatre Los Angeles
frei zur DSE
UA in englischer Sprache: "The Divines"
Eleonora Duse, Sarah Bernhardt, Gabriele d’Annunzio, drei extreme Individuen der Jahrhundertwende, sind die Hauptfiguren von Herbert Meiers Stück Die Göttlichen. Anlass war eine biographische Notiz, die Meier in einem Drama d’Annunzios fand: Er habe das Stück der Schauspielerin Duse, seiner Geliebten, versprochen und es dann ihrer Rivalin, der Bernhardt, verkauft. Aus diesem Motiv hat Herbert Meier ein Drama für zwei große Frauenfiguren geschrieben. Die beiden Rivalinnen sind sich im Leben nie begegnet; in seinem Stück gibt er ihnen die Möglichkeit des Zusammentreffens.
Eleonora Duse und Sarah Bernhardt sind zwei Grundtypen von Frauen, die verschiedene Wege der Selbstfindung gehen – die Bernhardt, die Realistin, trotz aller Theatralik und die Duse, die Idealistin und große Leidende. Der einen ist das Theater Machtinstrument, die andere nutzt es hingebungsvoll in dem Glauben, Einsicht und Bewusstsein der zuschauenden Menschen steigern zu können. Der einen wird das Leben zum Theater, der anderen ist das Theater das Leben. D’Annunzio, der eitle Betrüger, steht zwischen den beiden. Er täuscht Hingabe vor und sucht einzig die Macht. Am Ende tauscht er das Theater mit dem Rednerbalkon des Faschismus.
Geschichte ist für Meier ein Raum der Imaginationen. In der historischen Distanz rücken Konstellationen und Urmuster des Lebens deutlicher ins Licht. Ein Arsenal von Personnagen und freien Bedeutungen, die sich im Schreiben selbst bilden und etwas Gegenwärtiges aussagen.
Die Göttlichen ist ein Stück über die Zerbrechlichkeit des Glaubens, die Unwahrscheinlichkeit der Liebe, die Unverlässlichkeit der Kunst. Es beschreibt die Kluft zwischen dem Realen und dem Idealen, zwischen Wahrheit und Ausdruck.
Hinweis:
Für dieses Stück können Aufführungsrechte
an Amateurtheater erst nach der deutschsprachigen Erstaufführung vergeben werden.