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Mütter-Los

von Renate Ahrens

3D, 1H

UA: 22.01.1998, Storytellers' Theatre Company, Dublin
DSE: 22.02.2003, Staatstheater, Nürnberg

Deutschland 1990 - nach dem Mauerfall, aber noch vor der Wiedervereinigung. Roswitha Berger ist auf dem Weg von West-Deutschland in die zusammenbrechende DDR, ihre alte Heimat. Es ist eine Fahrt in die Vergangenheit, von Unsicherheit und Ungewissheit überschattet. Anfang der 70er Jahre war ihre Flucht gemeinsam mit Mann und Baby gescheitert, sie kam ins Gefängnis, wo man ihr das Kind gewaltsam wegnahm. Nach einiger Zeit wurde sie in den Westen abgeschoben, ohne zu wissen, was mit ihrer Tochter geschehen war.

Als mit der Mauer auch die Tore zu den Staatssicherheits-Akten fielen, bekam Roswitha Berger Akten in die Hand, die das Schicksal ihrer Tochter offenlegen und von einer Zwangsadoption durch politisch zuverlässigere Eltern zeugen. Ohne sich klar zu machen, was sie am Ende ihrer Reise finden wird, setzt sich Roswitha Berger in den Zug nach Osten.

Marion Steinmann ist eine 18 Jahre junge, musikalisch hochtalentierte Frau, deren größter Wunsch es ist, ihre Begabung zum Beruf zu machen. Die sich abzeichnende Wiedervereinigung, die ihre Stiefeltern mit Misstrauen und Argwohn betrachten, sieht sie als große Chance, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Musikstudium ohne vorgeführtes politisches Wohlverhalten, eine internationale Karriere - vielfältig sind die Möglichkeiten, die sich ihr bieten. Eines Tages erhält sie die Nachricht einer Fremden, sie möge sie doch bitte in einem Hotel aufsuchen.

Neugierig wie sie ist, geht Marion, gegen den Willen des Vaters, zu dem Treffen. Dort trifft sie auf Roswitha Berger, und deren Eröffnungen lassen die wohlgeordneten Verhältnisse Marions wie ein Kartenhaus einstürzen. Der Ost-West-Konflikt wird zur zerstörerischen Privatangelegenheit. Doch: "In diesem Moment dämmert eine Erkenntnis, die in der deutsch-deutschen Sprachlosigkeit schon fast untergegangen war: dass im Geschichtenerzählen die Chance zu einer Katharsis liegt, die kein Politiker der Welt herbeireden kann." (Der Tagesspiegel, 30.06.1999)