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Ich, dein großer analoger Bruder, sein verfickter Kater und du

von Felicia Zeller

2D, 2H

UA: 06.11.2016, Saarländisches Staatstheater, Saarbrücken

Das Setting ist eine klassische Wohngemeinschaft: Es wird viel geraucht und viel geredet: Über Politik, Beziehungsprobleme, das Einhalten des Putzplans, die nächste Party. Plötzlich liegt da ein Typ mit seinem Kater auf der WG-Couch. Alle halten ihn für den "großen Bruder" von irgendjemandem. Der Neue, Alec, ist ein umgänglicher Typ. Da er sich alles mitnotiert, kennt er bald alle Termine, Pläne und Bedürfnisse. Schleichend macht sich jedoch ein Wandel breit: Sogenannte Bewohnerkontrolleinheiten (BKE) regeln fortan das Zusammenleben. Das Badezimmer kann nur noch betreten, wer laut sein Geschlecht ruft, effiziente Gespräche werden mit Aufmerksamkeits-, das Füttern des Katers mit Gemeinschaftspunkten belohnt. Eine Anwesenheitsliste kontrolliert das Kommen und Gehen. Als der verfettete Kater "versehentlich" stirbt, wird das Ausmaß der Abhängigkeit vom analogen Bruder offenkundig.

Felicia Zeller überträgt in ihrem Stück die allgemeine digitale Sorglosigkeit in die Offline-Welt. Die Komödie wird zum Politthriller, als Journalistin A. von den Schergen jener Regierung bedroht wird, über die sie kritisch berichtet hat. Als sie erneut in jenes Land einreist, verliert sich ihre Spur. "Diese Wendung ermöglicht der Autorin ohne erhobenen Zeigefinger ein zentrales Dilemma der Big-Data-Ära greifbar zu machen: Das angesagte, blauäugige Nichts-zu-Verbergen-Haben ist ein Luxus. Leisten kann ihn sich, wer in einer einigermaßen stabilen Demokratie lebt. Und vor allem, wer den Blick über den eigenen Wohlfühlhorizont hinaus streng vermeidet." (Cornelia Fiedler am 8.11.2016 in der Süddeutschen Zeitung)