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Lass dich sein

(La deg være)
von Arne Lygre
Schauspiel

Deutsch von Hinrich Schmidt-Henkel
mind. 5 Darsteller

UA: 09.09.2016, Nationaltheater, Oslo
frei zur DSE

Eine Frau spannt ihrer Freundin den Mann aus. Später betrügt sie ihn. Eine Freundin lernt einen Bekannten kennen. Als eine Frau stirbt, braucht ihr Mann einen Freund. Ein Freund wird krank und erkauft sich Geborgenheit bei einem Fremden. Ein Fremder bringt eine Fremde ins Krankenhaus und geht. Ein Mann will eine Frau erschießen und lässt es dann doch sein.

Unablässig entstehen Beziehungen und verschwinden wieder. Bindungen entwickeln sich und werden fallen gelassen. Worte und Gefühle verbinden zwei Menschen oder trennen sie. Dazwischen: die Sehnsucht nach Liebe und das Warten auf den einen Menschen. Eine unendliche Anzahl von Möglichkeiten, sich zu begegnen oder sich zu verpassen – bis der Tod einem seine Möglichkeiten nimmt.

Arne Lygres Stück mutet abstrakt an. Seine Figuren heißen Mensch, Freund/in, Bekannte/r, Fremde/r, Feind/in. Sie scheinen auf und verschwinden wieder. Sie konstituieren sich allein über ihre Beziehungen zueinander. In einem Reigen von sechs Szenen, die lose miteinander in Verbindung stehen, entfalten sich ihre Dialoge zu schamlosen Sezierungen innigster Sehnsüchte und Gedanken: die Angst vor Zurückweisung, das Bedürfnis nach Nähe, die Freude über eine flüchtige Begegnung. Sie erzählen indirekt von den Situationen, in denen sie sich begegnen - und direkt über das, was sie dabei denken und fühlen. Die radikale Offenheit ihrer Gedanken macht den Text auf eine oft groteske Weise konkret. Die Gesprächssituationen entwickeln einen dramatischen Sog, dem man sich schwerlich entziehen kann. Arne Lygre hat für Lass dich sein eine Form von Sprache und Handlung gefunden, die vorgibt, den Figuren jegliche Masken zu entziehen. Vielleicht ist das aber bloß ein Trick, eine raffinierte Täuschung. Wie so oft, wenn zwei Menschen miteinander sprechen - und sich nicht ihre wahren Gedanken anvertrauen.