www.felix-bloch-erben.de

Billy (brüllende Tage)

(Billy (Les jours de hurlement))
von Fabien Cloutier

Deutsch von Frank Weigand
2D, 1H

UA: 2012, Théatre du Grand Jour, Montréal
frei zur DSE

Es schneit wie verrückt. Eine Stadtangestellte wütet gegen unbekannt, weil sich die Lieferung des dringend benötigten Schwarzen Bretts verzögert. Billys prollige Eltern frühstücken auf dem Weg zum Kindergarten Donuts beim Bäcker und lassen den kleinen Billy so lange im Auto sitzen. Die überbesorgte Mutter von Alice, tödlich gelangweilte Verwaltungsangestellte, verdächtigt Billys Eltern, ihren Sohn zu vernachlässigen. Kräckerkrümel in Billys Mundwinkeln und seine Vorliebe für Apfelschalen sind ja wohl Indizien genug.
Billys Vater regt sich über arrogante Schnösel und arbeitsscheue Elemente gleichermaßen auf. Er fachsimpelt über Sumokämpfe und erklärt, welche absurden Vorgänge auf dem Amt die Auslieferung des Schwarzen Brettes behindern. Denn er ist zuständig, kann aber auch nichts dafür. Derweil nimmt die aufgebrachte Mutter von Alice die Verfolgung auf. Und während sie den Erziehern im Kindergarten entgegen schreit, was sie über diesen skandalösen Fall von Verwahrlosung zu wissen meint, vernachlässigt sie sträflich die Fürsorgepflicht gegenüber ihrer eigenen Tochter Alice. Am Ende einer bitterbösen Erregungsspirale ist ein unschuldiges Opfer zu beklagen.

Drei Figuren, winzige Rädchen in einem schlecht funktionierenden System, brüllen ihren Zorn in einem aggressiven Slang heraus. Die Schulbehörde ist ein kafkaeskes Durcheinander, im Kindergarten sind die Läuse los und alles ist am Ende anders, als es zunächst schien.

Fabien Cloutier hat mit Billy (brüllende Tage) ein sprachliches Oratorium komponiert, das eine eigene provokante Kraft entfaltet. Stimmen überlagern sich, Motive tauchen auf und verschwinden, schroff ineinander montierte Monologe ergänzen sich zu einer tragikomischen Symphonie gegenseitiger Anklage.
Mit einer Mischung aus Publikumsansprache, Dialogsituation und Verbalattacken knüpft der Autor an die noch junge Québecer Theatertradition an: Seine Figuren sind Wiedergänger der sozial bewegten Protagonisten des Theaters der 60er-Jahre. Doch im Gegensatz zu jenen ist diesen der soziale Zusammenhalt abhanden gekommen. Hier wütet jeder ganz für sich allein.

Das Stück gehörte 2012 zu den Siegern des Wettbewerbs Neue Theaterstücke aus Kanada, der von der Botschaft von Kanada und der Vertretung der Regierung von Québec ausgelobt wurde. Das Centre des auteurs dramatiques [CEAD] und der Conseil des arts et des lettres du Québec (CALQ) förderten die Übersetzung.