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Das Bekenntnis eines Masochisten

(Zpověď masochisty)
von Roman Sikora

Deutsch von Barbora Schnelle und Kathrin Janka
1D, 2H, mit Mehrfachbesetzung

UA: 26.01.2011, Theater Letí, Prag
DSE: 04.05.2013, Stadttheater, Bern

Herr M. hat es schwer. Auf der Suche nach tiefgreifender Demütigung und roher Gewalt wird er in der gegenwärtigen Zeit, in der Sicherheitsvorkehrungen florieren, nicht fündig. Das seichte Leben quält ihn, seine Arbeit in einer Werbeagentur verläuft nach den schalen Regeln des Mittelmaßes, alles ist in Ordnung, alles lässt ihn kalt. Einzig die vage Erinnerung an die erste Liebe, mit der er auf die Abwege der SM-Praktiken geriet, beflügeln ihn und bescheren ihm Träume, aus denen er jedoch immer vor dem ersten Peitschenhieb aufwacht. Erst die Begegnung mit einem anthropomorphen Pferd, dem Arbeitstier schlechthin, lässt Herr M. die Lust an der radikalen Selbstausbeutung im Arbeitsleben entdecken. Seine geheimsten Sehnsüchte wahr werden.

Herr M. legt los, er kündigt und trabt als Selbständiger ohne Sozialversicherung wieder an, er bittet um noch weniger Rechte, Abschaffung der Freizeit und plädiert wie im Wahn für die Befriedigung durch Verausgabung. Und Herr M. wird glücklich, zum ersten Mal, er singt ein Lied auf die Sparmaßnahmen, seine Visionen schlagen Wellen. Als stellvertretender Gewerkschaftsvorsitzender setzt er die Entrechtung aller durch, dem Leiden der Mitarbeiter sieht er kühl und erbarmungslos entgegen, die Jagd nach dem eigenen Kick lässt ihn mit Scheuklappen beständig weiter traben, bis die Einladung zur Olympiade der "Human Resources" in Singapur winkt.

Mit Das Bekenntnis eines Masochisten ist dem tschechischen Autor Roman Sikora eine kluge Groteske gelungen, die die vom Kapitalismus diktierte gewinnorientierte Arbeitsmoral ad absurdum führt. Die entindividualisierte, wie im Diktat gesprochene Sprache der Protagonisten frönt der bedingungslosen Hingabe an eine Obrigkeit und Sikora stellt dem Inhalt so ein starkes formales Pendant zur Seite. Eine emotionalen Ebene konsequent vermeidend, betont er die gnadenlosen Mechanismen des Systems. Schonungslose zeigt er den Wahnsinn eines Getriebes, das sein treustes Zahnrad selbst zermalmt. Das Werk wurde 2011 zur Veranstaltungsreihe "Neue Dramatik aus Europa" des Berliner Theatertreffens eingeladen.