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Fleischkarussell

(Kødkarrusellen)
von Christian Lollike

Deutsch von Gabriele Haefs
5D, 1H

UA: 01.05.2009, Aarhus Teater, Aarhus
frei zur DSE

Das tägliche Brot mit dem eigenem Fleisch verdienen – in Christian Lollikes neuestem Stück dreht sich alles um die käufliche "Liebe" und drehen sich alle Beteiligten auf einem Fleischkarussell. Da juchzt der eine vor Freude auf diesem sexuellen Höhenflug, und dem anderen wird vor Heftigkeit schwindelig und übel. Zu einer Hure gehe er, sagt ein Kunde, um all das zu tun, was er sich bei seiner Frau nicht traut.

Ein anderer will nur mit einem anderen Menschen nackt unter einer Decke liegen. Auch die Prostituierten sind getrieben von Sehnsüchten. Die meisten von ihnen wollen ein ganz normales Leben: Geld verdienen, in Würde arbeiten, Verständnis. Die Gründe, sich zu prostituieren, sind verschieden: Es fehlt die Alternative, es lockt das schnelle Geld oder - ja, tatsächlich – die Arbeit macht Spaß! Doch ihr Broterwerb genießt einen schlechten Ruf und Liebespartner tun sich schwer, die Tätigkeit als Beruf zu akzeptieren. Dazu kommen bizarre Vorlieben und psychische Abnormitäten der Kunden. Ständig konfrontiert mit existentiellen und extremen Situationen, mit Sehnsucht und Verzweiflung, lassen die Frauen in dem Stück tief blicken. Sie gewähren Einblicke in das Auf und Ab ihres Gefühls- und Berufslebens, in das Für und Wider menschlichen Begehrens und in das kreisende Immer-Weiter des Karussells der fleischlichen Gelüste.

Lollike ist mit Fleischkarussell ein vielseitiges, klischee- und vorurteilsfreies Stück über das „älteste Gewerbe der Welt“ gelungen. Der Autor erteilt fünf Prostituierten und einem Kunden das Wort. Sensibel verknüpft er die persönlichen Biografien und Dialoge, in denen es emotional zur Sache geht, mit offenherzigen Tatsachenberichten. So entsteht ein Kaleidoskop an Schlaglichtern, ein szenisches Karussell, das bei jeder Umdrehung einen neuen Aspekt des Spagats zwischen Abseitigkeit und Normalität offenbart. Formal gelingt Lollike ein locker geknüpftes Gewebe aus Realitätssplittern, Fiktion und Zukunftsbildern.