(L´otage)
von Paul Claudel
Drama in drei Akten
Neu-Übersetzung 2004
(ehemals "Der Bürge")
Deutsch von Herbert Meier
Mitarbeit: Yvonne Meier Haas
1D, 4H
DSE: 17.06.1927, Nationaltheater, Mannheim
Im Jahre 1812 flieht Georges de Coûfontaine, neben
seiner Cousine Sygne der letzte Überlebende eines
französischen Adelsgeschlechts, mit Papst Pius VII,
den er aus Napoleons Gefangenschaft befreit hat,
nach Lothringen auf den Familienbesitz, eine alte
Zisterzienser-Abtei, die Sygne über viele Jahre mühsam
wiederaufgebaut hat. Georges erhofft sich politische
Konsequenzen, Sygne geht es allein aus religiösen
Beweggründen um die Rettung des Papstes.
Turelure, der unter Napoleon hochgekommene
Sohn von Sygnes Magd, erfährt von der Sache und
schlägt Sygne einen Handel vor: Heiratet sie ihn,
verrät er weder den Papst noch Georges an die
Armee. Sygne bricht den Liebesschwur mit ihrem
Cousin und opfert ihr Leben. Der Papst wird zwar
freigelassen, aber die Feudalwelt ist dem Untergang
geweiht. Der Emporkömmling Turelure eignet sich
Titel und Besitz der Coûfontaines an.
Sygnes Tod bleibt rätselhaft. Sie wirft sich bei einem
Schusswechsel zwischen Turelure und Coûfontaine
und stirbt in der Folge. Bedeutet ihr Tod
ein weiteres Selbstopfer, einen Selbstmord, einen
Liebestod? Sie liebt Coûfontaine und hofft auf eine
Hochzeit im Jenseits, da sich ihre Liebe hier nicht
erfüllen kann. Das Kind, das sie Turelure geboren
hat, will sie nicht mehr sehen; auch die Frage nach
einem Priester beantwortet sie mit Schweigen. Ihr
Schweigen ist ein Nein zu den Mächten dieser Welt
und zugleich ein Sieg über sie.
Die Geisel zeigt eine von Männern bezielte Selbstvernichtung
einer Frau. Sygne wird zum skandalösen
Zeichen. Ihr "Opfer" bleibt, wie Claudel sagt,
"in der Schwebe".