Bild von Paul ClaudelClaudel, Paul

Charles-Louis Philippe stellt ihn an dichterischer Größe neben Dante, Stefan Zweig sieht in seinen Dramen Seelenzustände von so brennender Glut, dass alles Irdische, Kostüm und Zeit, in ihnen verflackert, und Eugène Ionesco verehrt ihn als den größten Dichter des 20. Jahrhunderts: Paul Claudel (1868 - 1955).

Claudel entstammt dem Bürgertum der Champagne. Nach seiner Schulausbildung in Paris studiert er Jura und Politik. Seine frühen dramatischen Anfänge sind beeinflusst von den Werken Arthur Rimbauds, seine späteren Werke geprägt durch seinen katholischen Glauben – einen sehr weit gefassten Glauben: "Katholisch heißt universal" (Claudel, 1953).

1893 erhält er seinen ersten diplomatischen Posten in New York. Eine Karriere als Botschafter und Konsul u.a. im Fernen Osten, den USA, Lateinamerika und Deutschland schließt sich an.

Seinen ersten Dramenerfolg hat Claudel mit dem Stück Mariä Verkündigung (UA 1912). Mittagswende (1905) zeigt erstmals seine zentrale Thematik, den Konflikt zwischen irdischer Liebe und göttlicher Berufung. Höhepunkt seines Schaffens ist das monumentale Werk Der seidene Schuh oder Das Schlimmste trifft nicht immer zu (UA 1943), ein Gesamtkunstwerk, das die Grenzen des Dramas sprengt.

Die letzten Jahre seines Lebens verbringt Claudel auf dem Schloss Brangues. Dort überarbeitet er frühere Werke und schreibt seine großen Bibelkommentare. 1955 stirbt Claudel im Alter von 86 Jahren in Paris.

Wie aktuell Paul Claudels Werk auf den Theaterbühnen noch immer ist, zeigte sich insbesondere in den letzten Jahren, in denen zahlreiche seiner Theaterstücke wieder aufgeführt wurden: So erhielt Der seidene Schuh am Theater Basel in einer Inszenierung von Stefan Bachmann von Publikum wie Kritik gleichsam positive Resonanz; erstmals war hier das Werk auch in der Neuübersetzung durch den Schweizer Autor Herbert Meier zu sehen. 2004 wurde Claudels Mittagswende an den Münchner Kammerspielen inszeniert; die Produktion wurde zum Berliner Theatertreffen 2005 als eine von zehn herausragenden Inszenierungen eingeladen.

Im Frühjahr 2007 inszeniert Stefan Bachmann am Maxim Gorki Theater Berlin die Claudel Trilogie, erstmals in der Neu-Übersetzung von Herbert Meier.

 

Goldhaupt

(Tête d’or)
Symbolistisches Drama in drei Akten
Deutsch von Edwin Maria Landau
1D, 5H, Nebendarsteller
UA: 23.04.1959, Städtische Bühnen Essen

Simon Goldhaupt hat ein Heer siegreich geführt. Zu Taten angespornt, will er den König zum Abdanken zwingen. Der weigert sich. Also ermordet ihn Simon und besteigt den Thron. Die Prinzessin, die Tochter des Königs, wird von Goldhaupt vertrieben und irrt in Not und Elend durch die Lande. Goldhaupt hofft auf weitere Siege, doch das Blatt wendet sich: Der Feind ist übermächtig und schlägt sein Heer in die Flucht. Goldhaupt wird in der Schlacht stark verwundet und von seinen Getreuen vom Schlachtfeld gebracht.

Die Prinzessin ist unterdessen an der Stätte des Kampfes angelangt. Von Hunger geplagt, bittet sie einen Deserteur um Hilfe. Dieser verhöhnt sie jedoch und nagelt ihre Hände kurzerhand an einen Baum. Goldhaupt ist dem Tod nahe, wird jedoch der grausam gequälten Prinzessin gewahr. Von Reue übermannt, befreit er sie mit letzter Kraft von den Nägeln, bestimmt sie symbolhaft zur Königin und haucht sein Leben aus.

Das Stück zählt zu Claudels Jugendwerken. Er selbst verhinderte die Uraufführung. Erst vier Jahre nach seinem Tod wurde es in Essen erstmals auf die Bühne gebracht.