www.felix-bloch-erben.de

Umarmungen

von Herbert Meier
Drei Szenen und drei Farcen

1D, 2H

frei zur UA
eine junge Schauspielerin, ein junger Schauspieler, ein Schauspieler mittleren Alters

Szene 1: OHNE TITEL

Nach der Vernissage zeigt der Kunsthändler Garner Interesse an der Videokunst der jungen Chantal. Sein Interesse ist zweideutig. Dennoch lässt Chantal sich auf ihn ein; sie erhofft sich ein Geschäft. Garner verführt sie zu Kuss und Umarmung. Da erkennt sie in ihm ihren Vater, der ihre Mutter im Stich gelassen hat, noch bevor sie selbst auf die Welt gekommen war.


Szene 2: MARER

Vor dem Ausgehen in eine Abendgesellschaft gesteht Marer, ein wohlhabender, körperlich verwachsener Anwalt, seiner Frau Cordula, dass er von Zweifeln besessen sei, sie liebe ihn nicht. Cordula vermag ihn nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Er treibt sie in die Verzweiflung und dem Schein nach in die Arme Seebachs, eines jungen Partners in seiner Kanzlei, den er um seinen heilen Körper beneidet.


Szene 3: MORGEN VOR ZWEI JAHREN

Der Psychiater von Burg und seine junge Frau bekommen beim abendlichen Drink den Besuch eines jungen Mannes. Sie halten ihn für einen verwirrten Patienten, denn er behauptet, er komme aus dem „limbischen Sektor“. Beim analytischen Gespräch stellt sich heraus, dass es sich um ihren Sohn handelt, der morgen vor zwei Jahren aus medizinischen Gründen abgetrieben worden ist. Er ist gekommen, um eine zweite Geburt für sich zu erbitten. Von Freude überwältigt, umarmt ihn die junge Mutter trotz des Verbotes, das er bei seinem Erscheinen ausgesprochen hat. Und er löst sich in Luft auf. Da schlägt der Psychiater seiner Frau vor: „Komm, wir machen ihn neu.“


Farce 1: DAS ROTE TUCH

Bubi, sieben Jahre alt (er argumentiert zeitweise wie ein Erwachsener und wird vom Schauspieler mittleren Alters dargestellt) hat eines Tages die Erscheinung eines Stierkämpfers, der sich als sein Vater ausgibt, den er nicht kennt. Dieser hinterlässt ihm ein rotes Tuch und verspricht wiederzukommen, wenn der Geliebte der Mutter weg ist. Bubi weigert sich, Priska, seiner alleinerziehenden Mutter, das Geheimnis des Tuches zu verraten. Er hasst Jan, ihren Geliebten, der kommt, um mit ihr die Nacht zu verbringen. Der Kleine treibt ein böses Spiel mit Jan und Priska, und es glückt ihm, Jan zu vertreiben. Schließlich zückt er sein Federmesserchen gegen die Mutter und umarmt sie verzweifelt. Der Vater ist nicht gekommen.


Farce 2: ARA

Rehmann, ein Hobbyastronom, denkt nachts an Rosemary, die ihn verlassen hat. Da flattert Ara, ein entflogener Papagei, in sein Wohnzimmer. Er quält Rehmann mit angelernten Zitaten und treibt ihn in Selbstanklagen, Rosemary betreffend. Rehmann hat ihr damals ein Kind verweigert, das sie von ihm haben wollte. Ara greift ihn seiner Verweigerung wegen an und beginnt ihn zu foltern. Schließlich tötet Ara ihn. In diesem Augenblick taucht Dr. Hense, der Besitzer des Papageis, auf. Er hat den Vogel zum sprachlichen „Zettelkasten“ seiner intellektuellen Existenz gemacht. Sie will nicht mehr zu ihm zurück und hackt ihn tot. Und gibt sich den Zuschauern als Frau (Rosemary) zu erkennen.


Farce 3: JEDER MENSCH HAT ELTERN

Der gescheiterte Journalist Maurus sieht sich nach einer Psychoanalyse als Opfer des frühen Todes seiner Eltern. Er kommt nach Hause und ist entschlossen, sich umzubringen. Da wird er von einem jungen Paar, seinen toten Eltern, heimgesucht. Er verliebt sich in Esther, seine junge Mutter. Im Augenblick der Umarmung gibt sie sich ihm zu erkennen. Andy, der Vater, versucht ihn von seinem Selbstmord abzuhalten; vergeblich. In seinem verzweifelten Übermut gibt Maurus seinen Eltern vom vergifteten Wein zu trinken. Sie erstarren wie leblos. Er sieht sich als ihr Mörder und trinkt den Rest aus der Karaffe.