Shakespeare, William
Die Lebensgeschichte von William Shakespeare liegt weitgehend im Dunkeln und die Urheberschaft seiner Werke ist nicht zufriedenstellend geklärt, so ist der...


Fried, Erich
Erich Fried wurde am 6. Mai 1921 in Wien als Sohn eines Spediteurs und einer Grafikerin geboren. Er schrieb bereits als Gymnasiast und war Mitglied einer...


 

Richard III.

(King Richard III.)
Deutsch von Erich Fried
5D, 23H, Nebendarsteller

Erster Akt, erste Szene

GLOUCESTER
Nun ist der Winter unsres Unbehagens
Glorreicher Sommer worden dank Yorks Sonne;
Und was an Wolken lag auf unsrem Haus, ist
Im tiefen Schoß des Ozeans begraben.
Nun schmücken Siegeskränze unsre Stirnen,
Unsere schartigen Waffen hängen da
Zum Andenken; unser einst strenger Kriegsruf
Ruft uns zum Fest zusammen, und verwandelt
Ist unser grimmiger Marsch zum lustigen Tanz.
Der dräuende Krieg hat seine Runzelstirn geglättet
Und hüpft nun - statt zu Roß im Stachelpanzer
Furchtsamer Feinde Herzen zu erschrecken -
Gewandt umher in einer Dame Zimmer
Zu einer lüsternen Laute Lockmusik.
Doch ich, nicht schön geformt für Tändelspiele,
Noch um verliebten Spiegeln zuzuäugeln,
Ich, roh geprägt, ohne die Majestät,
Mit der sich Amor spreizt vor leichten Nymphen,
Ich, der ums schöne Ebenmaß zu kurz kam,
Weil tückisch die Natur mich drum betrog,
Ich, ungestalt, unfertig, frühgeboren
In dieses Atmens Welt, kaum halb gefügt,
Und noch dazu so lahm und ungeschlacht,
Daß, wo ich hink, die Hunde bellen; ich
In dieser schwachen Flötenzeit des Friedens,
Weiß keine Lust mir, keinen Zeitvertreib
Als meinen Schatten sehen in der Sonne
Und meiner Mißgestalt ihr Lied zu singen:
Und drum, da ich mich nicht als Mann der Liebe
Bewähren kann in dieser fein beredten Zeit,
Will ich mich nun bewähren als ein Schurke
Und hassen ihre träge Lustbarkeit.

(...)